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Peking - das überraschend strukturierte Tor nach China.

Wir sind aufgeregt. In der Nacht überquerten wir die Grenze zwischen der Mongolei und China per  mongolischem Luxus- Zug. Wir genossen den Luxus eines 4-Bett-Abteils zu zweit, staunten immer noch über das weite Nichts der Landschaft und gaben die letzten Tukrigs im Speisewagen und auf den Bahnsteigen. Mit Sorge begegneten wir der Grenze, wo die Toiletten für 6 h zugeschlossen werden, da ein Gleisspurwechsel ansteht. Der Zug wurde dort in einer Halle inklusive aller Passagieren angehoben, andere Achsen druntergeschraubt und nach zig Mal vor und zurück dann wieder in die Nacht und auf chinesischen Boden weitergeschickt.

Nach einer sehr ruhigen, kuscheligen Nacht sehen wir am Morgen ein anderes Bild - draußen ist es grün. Es gibt Felder, Flüsse und Berge, manche Bauern tragen einen runden Bambushut. China empfängt uns. Die Straßen wirken modern, die ersten Hochhäuser und Metropolen tauchen auf und alles wirkt geordnet. Am Bahnhof in Peking umrunden wir geschickt die plappernden Taxifahrer, die uns für 50€ gerne ins Hostel bringen möchten. Der reguläre Taxameter-Preis liegt bei 3€, welches wir gerne zahlen.

Die ersten Meter in der unbekannten Kultur sind für uns noch ungewohnt - es riecht anders, die Schrift ist nach fast zwei Monaten kyrillisch nun endgültig unlesbar für uns und die Menschen sehen in ihren Gesichtszügen auch wieder anders aus. Unser Hostel liegt im Nordosten des Zentrums in einem kleinen Hutong - über diese alten Viertel liest man seit vielen Jahren nur mitleidige Artikel, weil viele dem neuen, modernen, hohen China mit seinen Hochhäusern weichen müssen und abgerissen werden. Wir sind froh, noch hier unterkommen zu können.  In unseren Tagen vor Ort genießen wir es, langsam die Umgebung zu erkunden. Es gibt tolle herzhafte bis scharfe Backspezialitäten (a lá Crepe), Hefeklöse, viel Gemüse, überall kleine Lädchen und erstaunlich wenig Gedränge. Das Leben spielt sich auf der Straße ab, wir stromern kreuz und quer durchs  praktischerweise schachbrettförmige Gassengewirr des Viertels. Analog zum Gehupe der Autos in der Mongolei wird auch hier durchgehend gehupt - allerdings von elektrobetrieben Gefährten. Ob Roller, Mofa, Rikscha-Transporter - alles surrt abgasfrei durch die Straßen. Unser vorheriges Bild der dreckigen Gassen, der schlechten Luft und des Chaos schieben wir rasch in die Abteilung "Vorurteile".

Peking ist neben Shanghai die wichtigste Metropole des Landes und während unseres Aufenthaltes nochmals doppelt bedeutend, da wir die Nationalfeiertagswoche vor uns haben. Am 1. Oktober wird zu Gedenken Maos für eine Woche die Arbeit stillgelegt und alle reisen durchs Land - diese "Tradition" gibt es jedoch erst seit 1999, wo diese Feiertage angeordnet wurden. Die Stadt schmückt sich mit vielen Fahnen und auf dem Platz des Himmlischen Friedens wird emsig kitschig mit viel BlumenTamTam dekoriert.

Natürlich besuchen auch wir die typischen Highlights der Stadt, d.h. der Sommerpalast und selbstverständlich die Verbotene Stadt. Das gefürchtete Eintrittskarten-Chaos blieb aus und so folgten wir den Menschenmassen durch die mächtigen Tore in die Verbotene Stadt, die erst 1925 für die Besucher geöffnet wurde. Das Phänomen, dass Chinesen auf ihren Reisen stets mit Wimpeln und Headsets geführt werden, erleben wir hier in Reinkultur. Mit dem kleinen Unterschied, dass es keine Headsets gibt, sondern die Guides ihre Ansagen mittels Lautsprecher in die Menge rufen. Ihr könnt euch somit die Geräuschkulisse vorstellen. Glücklicherweise hat die Masse wenig Zeit und folgt nur dem Hauptweg von Süd nach Nord durch die Anlage. Folgt man rechts oder links den vielen Türen und verwinkelten Höfen, ist man jedoch rasch für sich.

Eine weitere Besonderheit, die wir erstmals hier erlebten, war die Tatsache, dass wir zu beliebten Fotomodels wurden - mehrfach wurden wir freundlich gebeten, in die Kamera zu blicken, selbstverständlich stets in Begleitung - was die Chinesen abends wohl ihren Freunden berichten : "Ich war in der Verbotenen Stadt und stell dir vor, ich habe Ausländer gesehen" : )

Insgesamt konnten selbst wir als Kulturbanausen den Sehenswürdigkeiten Pekings einen gewissen Reiz nicht absprechen - zwar überfordern uns die diversen Dynastien, die Zeichen, die Farben und Bedeutungen, aber wir bekommen einen kleinen Eindruck über die lange chinesische Geschichte.

 

5 Tipps für alle, die auch Lust auf die Stadt haben :


- Lauft weniger. Die Entfernungen sind sehr groß und auch wenn es durch die kleinen Hutong-Gassen immer etwas zu sehen gibt - für die langen Distanzen eignet sich die U-Bahn besser, insbesondere, weil alles in Englisch ist, das Ticketsystem einfach und die Überorganisation der Chinesen hier alles gut regelt.


- Leiht euch Fahrräder. Es gibt  mehrere Fahrradverleihsysteme in Peking, allerdings haben wir es nicht geschafft, hier einen Account zu bekommen. Am Ende sind wir in einen klassischen Fahrradverleih gegangen und haben uns City-Räder ausgeliehen. Wir hatten im Vorfeld beide unsere Vorstellungen vom chaotischen Fahrradfahren in Peking und es war Manus "Must-Do" seitdem er Katie Maluas Song darüber hörte. Wir können es wirklich uneingeschränkt  empfehlen, weil die Stadt komplett flach ist und jede Straße über große Fahrradspuren verfügt. Die teilt man sich zwar mit den oben erwähnten ElektroMofas, aber einmal haben wir sogar einen Ampelstart gewonnen :)


- Besteigt den Kohlehügel beim Sonnenuntergang. WIr hatten leider etwas Smog, allerdings war die Aussicht dennoch schön. Da er sich zentral in der Stadt befindet und direkt im Norden der Verbotenen Stadt aufgeschüttet wurde, erhält man einen netten Rundumblick. Beim Abstieg sind wir auf diverse gesellige Chor-Grüppchen gestoßen - in China trifft man sich morgens zum Sport im Park und abends zum Hobby in der Gruppe draußen - und sei es einfach zum singen.


- Probiert euch durch die Küche. Wir werden noch einen eigenen kleinen Bericht über das spannende Essen hier in China schreiben, aber Peking hatte auch nochmal seine Besonderheiten. Natürlich denkt man an die Peking Ente, die wir jedoch nicht probierten, weil die guten Restaurants unser Budget deutlich überstiegen und wir eh eher vegetarisch unterwegs sind (magenschonender). Es soll in Peking 60.000 Restaurants geben und wir würden mal unterschreiben "Ja, Essen ist ein großes Thema hier". Die Speisekarten sind stets mit Bildern, wobei wir gefühlt 80% aufgrund der Bebilderung ausschließen, da es für uns nicht schmackhaft aussieht.  Besonders angetan haben uns aber eine Art herzhafte Pfannkuchen/Crepes mit Lauch sowie gefüllte Teigtaschen, die meist mit Lauch und Knoblauch gefüllt waren. Nudelsuppen mit allerlei Gemüse mit den Stäbchen zu essen ist eine riesige Sauerei auf dem Tisch, aber wir sind ja erst am Anfang und vielleicht berichten wir euch in 3 Wochen, wie super wir mit den Stäbchen klar kommen:)


- Hebt nur Geld in "offiziellen Banken" ab. Wir hatten unseren großen Schockmoment, als wir das zweite Mal Geld abholen wollten. Der Automat auf der Straße sah erst im zweiten Blick verstaubt aus und hatte anscheinend Hunger - genauer gesagt schluckte er ohne viel Ausführungen Manus Kreditkarte und gab sie nicht mehr her. Glanzleistung. Alles Drücken und Hämmern half nix. Zwei naheliegende Ladenbesitzer halfen uns am Ende, indem sie Bank anriefen und nach mehreren Telefonaten schickte diese dann einen Mitarbeiter mit ElektroMofa los. Nach einer Stunde hatten wir die Karte unversehrt wieder und mal wieder etwas gelernt - nur noch in großen, geöffneten Bankfilialen Geld abheben -soviel mongolische Beruhigungsschokolade für die Nerven kann man ansonsten gar nicht dabei haben.


- Lasst euch durch die Technik helfen. Wir hatten "Google Translator" in der Offline-Version Chinesisch auf dem Handy, was häufig sinnvoll war, wenn wir gar nix verstanden oder unser Gegenüber weiter auf chinesisch auf uns einredete. Nur die wenigsten Chinesen sprechen Englisch und wundern sich, warum wir kein Chinesisch können - ähm, ja, vielleicht im nächsten Leben. Leider überwacht die Chinesische Regierung das Internet, so dass man nur mit viel Tüftelei (VPN Clients mit vorgetäuschtem Standort) sich dem "normalen Internet" bedienen kann, was hilfreich für die Navigation von Adressen ist. Diese sollten dann im Idealfall in chinesischen Zeichen offline gespeichert werden, falls man mal nach dem Weg "fragen" möchte.

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