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Berggeschichten vom Manaslu - Nachdenklich im Tal - Tag 13 (Gho - Dharapani)

Die Stimmung am Morgen ist weiterhin gelöst und entspannt. Heute wird es nur ein kleiner Wandertag bis zum Mittag. Dein Guide hält auf dem Weg Ausschau nach guten Bambus-Bäumen am Wegesrand. Du wunderst dich - einen Bambusstock zum Abstieg wird doch nicht mehr nötig sein, oder ? Nein, er sucht dünnen Bambus, den er seinem Verwandten nach Pohkara aus den Bergen mitbringen möchte - daraus schnitzt dieser Strohhalme fürs Restaurant "made in Nepal".

Ihr durchquert den Ort Tilche und mehrere Fahnen und Plakate schmücken den Weg. Diesmal ist es nichts religiöses, sondern es stehen Wahlen in Nepal an. Von der Wahlkomission sind zwei Plakate aufgehängt: Auf einem werden die "Grundregeln" bildlich dargestellt - Parteien dürfen keine Bestechungsgelder an die Wähler verteilen, Bedrohungen und Gewalt ausüben. Soweit verständlich. Daneben hängt ein zweites Plakat, welches unzählige Symbole zeigt: Eine Ananas, ein Elefant, ein Fussball, eine Schaufel, eine Lampe... dein Guide erklärt dir: Das sind die Symbole der Parteien, die zur Wahl stehen. Damit auch diejenigen wählen können, die nicht lesen können, präsentieren sich die Parteien (es gibt über 90 !!) symbolhaft. Vielleicht auch eine Variante für uns in Deutschland: "Und, was wählst du diesmal?" - "Diesmal die Lesebrille-Partei, das letzte Mal hatte ich für die Bananen gestimmt, denen glaube ich nix mehr" (Ob da der Ausspruch Bananen-Republik stammt?). Die Nepalis vertrauen den Politikern nicht sonderlich, da in der Vergangenheit stets große Dinge versprochen wurden ("Mehr Schulen", "Mehr Straßen", "Mehr Arbeit"), aber es meist nur ein "Mehr Geld in meine eigene Tasche" wurde. Nepal liegt abgeschlagen auf Platz 131 von 176 im Korruptions-Ranking aller Länder. 

Nachdem du nun 12 Tage keiner Straße begegnet bist, taucht nun hinter einer Hängebrücke eine Schotterpiste auf. Die Zivilisation kriecht langsam den Berg hinauf. Zunächst zwar weiter nur in Form von Maultieren, aber irgendwann werden auch Jeeps zu den Dörfern fahren. Fluch oder Segen ? Die Umwelteinflüsse sind enorm, um hier Pisten in den Felshang zu bauen. Alle alltäglichen Dinge des Lebens hinauftragen zu müssen ein ebenso schwerer Aufwand. Das Straßennetz in Nepal ist selbst auf den Hauptstraßen so brüchig, gefährlich und abenteuerlich, dass es vermutlich mehr Sinn machen würde, die Hauptachsen für Personen- und Lastenverkehr zeitgemäß zu bauen, als das letzte Bergtal hinten links versuchen anzuschließen. Aber vermutlich, hat hier ein Politiker der Vergangenheit "gewirkt". Die Piste, die du hinunterläufst, endet unten wieder vor einer Hängebrücke. Die notwendige Brücke, die für Jeeps notwendig wäre, steckt im Baustop oder wird vielleicht nie fertiggestellt.

Du erreichst Dharapani, das Etappenziel für heute und gleichzeitig dein letzter Stop auf der Manaslu-Runde. Die Pizza und die vegetarischen Frühlingsrollen schmecken im Sonnenschein wunderbar. Dein Guide checkt dich bei der Polizeistation wieder aus und damit ist Manaslu auch offiziell beendet. Ihr verabschiedet euch herzlich voneinander, denn von nun an trennen sich eure Wege. Er wird weiter das Tal hinabsteigen und in zwei Tagen zurück in Pokhara sein, du hast dich noch für ein paar entspannte Tage am Annapurna entschieden.

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