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Cameron Highlands - Sommerfrische, Rollerfreuden und Teatime

Kurve um Kurve windet sich der Reisebus die kurvenreiche Straße hinauf in Richtung Cameron Highlands, einem Höhenzug der sich weit über 1000 Höhenmeter erhebt, hinauf. Noch die Worte des Busfahrers im Ohr (wenn euch schlecht wird, dann greift zu den bereitgestellten Plastiktüten!) blicken wir brav aus dem Fenster und beobachten, wie sich das Landschaftsbild verändert: Statt Palmen sehen wir hier Farn- und Nadelbäume. Die Hänge der Bergkette sind dicht bewaldet. Haben wir an der Raststätte am Highway im Flachland noch über die drückende Hitze gestöhnt, so ziehen wir nach Ankunft in Tanah Rata, dem Hauptort der Cameron Highlands, erst einmal ein Jäckchen über und blicken mit sorgenvollen Blicken gen Himmel, wo sich die Wolken ballen und Regen ankündigen. Schon immer sind die Cemeron Highlands eine Rückzugsort für Frischluftbedürftige gewesen. Nach den stickig heißen Tagen in Kuala-Lumpur ist der Temperatursturz eine Wohltat.

Unsere über booking.com für drei Nächte angemietete Wohnung liegt etwa 3,5 km nördlich vom Ortszentrum von Tana Rata. Wir lassen uns mit Taxen vom Busbahnhof zum Appartment bringen und uns wird ziemlich schnell klar: Ohne eigene Fortbewegungsmittel sind wir quasi aufgeschmissen (oder auf die Gunst der wenigen Taxifahrer und Touranbieter angewiesen) - Roller müssen her. Gemeinsam machen sich die Männer unserer kleinen Reisegruppe zu Fuß auf den Weg zurück nach Tana Rata. Die Mädels bleiben mit Erik im Appartment und warten geduldig auf die Säuberung der Zimmer. Das chinesische Neujahr zeigt noch immer seine Wirkung: Das Personal des Wohnblocks ist zum Großteil im Urlaub und die Mietobjekte ausgebucht. Personalmangel und hohe Auslastung führen dazu, dass man es mit der Sauberkeit nicht ganz so genau nimmt. Wir deklarieren, diskutieren und warten auf frische Bettwäsche (die letztendlich fast gleichzeitig mit unseren Roller fahrenden Männern eintrifft). Mit drei motorisierten Zweirädern haben wir ein großes Stück Unabhängigkeit gewonnen. Für Dirk und Erik sind die ersten Kilometer besonders aufregend: Dirk, erfahrener Zweiradfahrer (E-Bike und Rad), sitzt zum ersten Mal auf einem Roller, Erik kennt das Rollern nur aus Babytagen. Beide freunden sich schnell an mit den rasanten Gefährten, die sich im hervorragenden Zustand befinden.

Die Vorzüge der Cameron Highlands wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von den Briten, entdeckt, geschätzt und genutzt: Neben der "Sommerfrische" und der Flucht vor dem tropischen Klima, unter dem die Engländer litten, eigne(te)n sich die Hanglagen der Highlands für Tee-, Obst- und Gemüseanbau. 1929 wurde der Grundstein für den Teeanbau gelegt - die Sungai Palas BOH Tea Estate ist mit 4 Millionen Kilogramm Tee (=5 Millionen Tassen/Tag) bis heute einer der größten Teeproduzenten in Südostasien und der größte in Malaysia.

Teeplantagen und Bergnebelwald stehen auch auf unserer "Agenda": Wir trotzen dem wechselhaften Wetter und den chinesischen Reisegruppen und besuchen die für Besucher zugänglichen Teeplantage BOH (Best of Highlands) im Norden von Tanah Rata und die Cameron Bharat Plantation im Süden Tanah Ratas. Schon allein die Ausblicke auf die Plantagen, die sich über die Hügel, Hänge und Berge erstrecken, sind viele Fotos wert. Die frischen Spitzen der Büsche leuchten im Licht, alle denkbaren Nuancen von Grün schmücken die Hügel.  Geerntet wird der Tee hier zum größten Teil von indischen Teepflückern per Hand (bis zu 120 kg Tee pro Tag pro Pflücker).

Am Tag unseres Besuches stehen die alten britischen Maschinen in der Produktionsstätte still - zu wenig wurde geerntet. So begnügen wir uns mit einem Besuch des kleinen Museums, welches über den Teeanbau und die Tradition von BOH berichtet. Anschließend fahren wir abseits des Besucherrummels noch ein Stück weiter hinein in die Teeplantagen und begegnen den Pflückern, die akribisch und schon fast meditativ Blättchen für Blättchen ernten und die Teesträucher auch beschneiden, um sie auf entsprechender Ernte-Höhe zu halten. Je nach Wetter und Klima werden die Blätter eines Busches alle 7-14 Tage geerntet. Was für eine Arbeit! Die Inder sind freundlich und grüßen uns - die Aufseher erfreuen sich am Besuch der neugierigen Europäer nur mäßig. Wir werden gebeten, wieder auf die öffentlichen Wege und Straßen zurückzukehren ... keine Ablenkung für die fleißigen "Bienchen", bitte.

In beiden Teeplantagen bietet sich die Möglichkeit, in exponierter Lage und mit Aussicht auf die Teeplantagen, Kuchen, Tee und auch Kaffee zu genießen. Beide "Teahouses" haben mit dem kleinen, gemütlichen Teehaus, welches Anja vor Augen hat, jedoch kaum etwas gemeinsam: Die Lokalitäten erinnern eher an Kantinen mit überdachten Freisitzen. Die Tische in erster Reihe stehen hinter einer Absperrung aus Glas. Darunter breiten sich die Teeplantagen (nahe der Teehäuser können ausgewählte Felder besucht und besichtigt werden - ohne Führung oder Guide) aus. Das Teahouse von BOH haben die Chinesen in fester Hand, später am Nachmittag haben wir Glück: Nach einem Powernap in der Teeplantage (Picknickplatz) finden wir  in einem der Teehäuser südlich von Tanah Rata ein freies Plätzchen. Am Aussichtspunkt können wir Stühle und einen kleinen Hocker in erster Reihe platzieren. Wir überlegen nicht lange, sichern uns den Platz und verwöhnen uns mit einer Kanne Tee, Muffins und einem Stück grünem Panda-Kuchen (schmeckt nach Kokos ;-)). Während wir in der Sonne sitzen und Tee schlürfend den Blick über die Plantagen schweifen lassen, wird uns mal wieder bewusst, wie glücklich wir uns schätzen dürfen, all das erleben zu dürfen.

MHinauf zum Gunung Brinchang, dem mit 2032 Meter hohen höchsten Berg der Cameron Highlands, bringen wir unsere Roller ganz schön zum Röhren. Ab und zu müssen wir absteigen und ein paar Meter laufen, da die kleinen Flitzer und ihre Fahrer an ihre Grenzen kommen. Belohnt werden die Roller mit einer ausgiebigen Pause und wir mit einem herrlichen Spaziergang über einen exponiert gelegenen Bordwalk durch den Bergnebelwald. Über Holzstege und Treppen tauchen wir ein in den Mossy Forest und staunen über Wurzeln, fleischfressende Pflanzen, Farne, Flechten, Baumgeflechte, Blüten und die Weitsicht von einem Aussichtturm. Leider ist der Wanderweg, welcher entlang des Kammes führt, wegen Erdrutsch gesperrt. Wir folgen dem Pfad wenige Meter und bekommen eine Idee, was die Briten und die ersten Entdecker der Cameron Highlands früher mal geleistet haben, um sich hinauf aufs Plateau und durch den Wald zu schlagen: Unterspülte Wurzeln und ein verwunschener Wald würden einen jeden Fußgänger in ihre Fänge nehmen. Manu und Anja liebäugeln damit, dem Verwunschenen zu folgen, doch die Vernunft der Gruppe setzt sich durch. Der Weg ist gesperrt und damit Tabu. Wir halten uns an die Regeln. Ok. Diesmal halten wir uns an die Regeln.

Unsere Tipps fürs Erkunden der Cameron Highlands:

  • Mit einem Roller sieht man am meisten. Schnappt euch ein motorisiertes Zweirad und macht euch - unabhängig von den Programmen und Touren der Agenturen - selbst auf, um die Highlands kennen zu lernen. Ignoriert die Hinweise der Roller-Vermieter, dass man nicht auf den Berg fahren kann/soll/darf.
  • Entlang der Hauptstraße, die die Highlands von Nord nach Süd quert, gibt es jede Menge "Animationsprogramm" für chinesische (?) Touristen: Schmetterlingsfarm, Erdbeerfarm, Karussels, Buden, Souvenirs. Lasst euch davon nicht abschrecken (wir waren zurerst ein wenig entsetzt). Abseits der Hauptstraße sind die Highlands liebenswert und es lassen sich auch ruhige Orte mit traumhaften Aussichten finden. In Malaysia (sehr chinesisch geprägt) liebt man Inszenierungen.
  • Sowohl Tana Rata als auch Brinchang sind keine schönen Orte. Wer denkt, dass dort kleine, niedliche Cottages stehen, wird enttäuscht sein. Vielgeschossige Häuserblöcke dominieren die  Ortsbilder und es wird viel gebaut. Schaut bei der Wahl der Unterkunft also lieber zweimal, wo sich das ausgewählte Obkjekt befindet und wie das umfeld aussieht. In Malaysia denkt man, sobald es an lukrativ Touristische geht, gerne groß. Und mit groß meinen wir GROß. Die Masse machts - und wenn sich die Chinesen erst einmal auf den Weg machen, werden entsprechende Kapazitäten benötigt.
  • Erdbeeren ... die roten Früchtchen, die wir alle lieben und die uns ein wenig an die Heimat denken lassen. Wenn Saison ist, mag es sein, dass in den Cameron Highlands auch Erdbeeren aus regionalem Anbau verkauft werden. Im Februar ist keine Erdbeerzeit. Die Stiegen, die sich hinter den Verkauftsständen zu Unzähligen stapelten, machten die tatsächlich Herkunft der Beeren kenntlich: Ägypten. Wie immer gilt es also, lieber zweimal hinzuschauen, was offeriert und angepriesen wird. Trotz dieser Erkenntnis haben wir zwei Schälchen (für umgerechnet 2 Euro) erstanden - das Lächeln der Verkäuferinnen im Preis inbegriffen. Als wir schon wieder startklar auf unserem Roller saßen, riefen sie uns hinterher - wartet noch kurz. Ein junger Mann brachte uns noch ein Päckchen. Er lachte und überreichte uns das Geschenk. Auch das ist Malaysia.
  • Kulinarisch haben wir in den Cameron Highlands mit viel Appetit und Hunger indisch gespeist: Im Restaurant Sri Brinchang (Hauptstraße durch Tana Rata) haben wir zweimal fürstlich gespeist. Thalis (serviert auf Bananenblättern), Aloo Gobi (Blumenkohl-Kartoffel), Paneer (Käse), frische Naan-Brote und Chai (wie aus Indien gewohnt - klebrig süß)  haben unsere Geschmacksnerven erfreut und unsere Mägen gefüllt. Erik findet indisches Essen übrigens super - wo sonst kann man schon so ganz ungeniert mt den Händen essen?
  • Erreichbarkeit: Die Cameron Highlands erreicht man von Kuala-Lumpur in etwa 4,5 Stunden am einfachsten mit dem Bus (ca. 7 Euro pro Person). Unsere Reise führte uns weiter nach Penang/Georgetown - ebenfalls mit dem Bus (ca. 7 Euro, Fahrzeit ca, 5 Stunden via Ipoh).
  • Vermeidet Feiertage! Wir "mussten" uns die Teeplantagen und die Straßen zwecks Chinesischem Neujahrsfest mit (mehrheitlich) chinesischen Reisegruppen teilen. Wenn weniger los ist, sind die Cameron Highlands sicher noch um einiges entspannter. Plant eure An- und Abreise möglichst unter der Woche. Am Wochenende genießen auch die Malayen gerne ein bisschen Sommerfrische in den Bergen. Die Kapazität der Straße nach Tana Rata ist jedoch beschränkt... wer steht schon gerne unnötig im Stau?! Vorteil eines Rollers ist übrigens auch, dass man sich an Auto- und Buskolonnen immer irgendwie vorbeimogeln kann.

Und nun? Haben wir so viel über Tee geschrieben - nun ist erst einmal Zeit für eine Tasse Tee.

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