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Irkutsk und russische Gastfreundschaft - zu Besuch bei Nadia.

In Irkutsk haben wir Nadia kennen gerlernt, eine Freundin von  Anjas Oma Barbaras Freundin Gudrun. Also quasi ein Kontakt, der über drei Ecken zustande gekommen ist. Unseren Brief hat Nadja nicht erhalten - die russische Post sei sehr unzuverlässig. So haben wir Glück, dass wir sie telefonisch am Abend unserer Ankunft erreichen. Kurze Unsicherheit: Wer bitte ist am Telefon? Anja, die Enkelin von Barbara. Wo seid ihr? In Irkutsk. Kommt vorbei! So brechen wir kurzentschlossen noch am Tag unserer Ankunft auf, Nadja kennen zu lernen und zu besuchen. Mit dem Taxi geht es raus in einen Außenbezirk von Irkutsk. Wir sind froh, uns für die bequeme Taxi-Variante entschieden zu haben, denn die 77-jährige Nadia wohnt mit ihrer Katze Markisa in einem für uns auf den ersten Blick und bei Nacht ziemlich "russischem" Viertel mit Plattenbauten und bis zu 14-stöckigen Hochhäusern. Wir trinken Tee und erzählen von unseren Reiseplänen. Dass wir später zurück ins Hostel wollen, ist für die russische Rentnerin unvorstellbar - warum nicht gleich bei ihr bleiben? So war es doch ausgemacht und angeboten. Ihr Wort zählt. Wir können uns darauf einigen, am nächsten Tag mit Sack und Pack bei Nadia aufzuschlagen und bei ihr zu übernachten. Russische Herzlichkeit? Gäbe es solche Begegnungen auch in Deutschland? Unwahrscheinlich.

Am nächsten Tag treffen wir Nadja gegen Mittag. Sie zeigt uns bei einem Stadtspaziergang ein paar Ecken von Irkutsk (Parlament, Kirchenensemble, Flussufer der Angara) und lädt uns schließlich mit dem Ratschlag: "ein Museum müsst ihr euch mindestens angucken" am Naturkundemuseum ab. Am frühen Abend treffen wir uns bei ihr zu Hause. Sie scheint die Gesellschaft zu genießen, führt uns in ein buriatisches, von außen unscheinbares, kleines Kellerrestaurant aus und bestellt Buuza (gedünstete Teigtaschen mit Hackfleisch) und eine Art frittierte Brot mit Füllung (wahlweise Tomate-Käse oder Fleisch) sowie Salat. Dazu gibt es Mors - Preisselbeersaft. Sie erzählt von den Entwicklungen im Viertel, ihrem Leben und den Bedingungen, unter denen sie als Lehrerin arbeitete: Es war kein einfaches Leben. Am nächsten Morgen verabschiedet uns Nadja mit gekochtem Buchweizen mit Butter und Kaffee zum Frühstück. Dass wir zum Baikalsee wollen, ist für sie klar. Dass es aber eine dreitägige Wanderung werden soll, das kann sich Nadja nur schwer vorstellen. Den ganzen Tag laufen? Das war noch nie etwas für sie.
Als wir am 23. wieder nach Irkutsk zurück kommen, empfängt uns Nadia mit Spiegeleiern, Borschtsch, Tee und Keksen. Sie möchte wissen, wie es war am Baikal. Und sie fragt, ob wir wieder kommen werden. Vielleicht ja in zwei oder drei Jahren. Dann müssten wir unbedingt mehr Zeit mitbringen, um am See zu bleiben. Drei bis vier Wochen. Und dann würde sie uns Blinis machen - und andere russische Spezialitäten. Wir sitzen auf ihrem Sofa und schauen uns die Bilder der vergangenen Tage an. Nadia kennt Bolschoje Koty und schwärmt von vergangenen Tagen. Als wir Nadia am nächsten Morgen zum Abschied in die Arme nehmen, habe ich das Gefühl, eine lieb gewonnene Oma zurückzulassen.

Irkutsk - unsere Empfehlungen, um die Stadt kennenzulernen:
  • ausgiebig in und um die Markthalle schlendern, hier und da etwas einkaufen und versuchen, mit den Verkäufer/innen in Kontakt zu treten. Es gibt fast alles, was das Herz begehrt: Beeren, Obst und Gemüse im Überfluss, Milchprodukte, Gebäck, Süßigkeiten, Pelzmützen, Haushaltsgegenstände, ... Das Treiben ist bunt und herrlich anzusehen - zum Teil (vor allem in der Fleischabteilung (hier arbeiten zu unserer Überraschung virle junge Frauen) auch fremd.
  • Holzhäuser angucken und die bunten Fensterrahmen fotografieren
  • Naturkundemuseum - wir bekommen einen guten Einblick in die Geschichte der Stadt - Infotafel sogar tlw. auf Englisch.
  • Tourist-Info: Die Beratung ist (mit kritischem Blick von uns Touristikern) eher mau, aber die Zusatzleistungen (W-Lan, 2 PCs mit schnellem Internet - super zum Recherchieren, Gepäckaufbewahrung, Bänke im Grünen) sind für uns Reisende sehr nützlich.
  • Stadtspaziergang - einfach den grünen Pfleilen folgen
  • Ausgangsbasis für einen (mehrtägigen) Ausflug zum Baikalsee. Nehmt euch genügend Zeit! Der See sieht auf der Karte zwar überschaubar groß aus, aber die Zugänglichkeit ist aufgrund der fehlenden Infrastruktur aufwendig (bis zur Insel Olchon sind sechs Stunden Fahrt einzuplanen). Der Baikal ist kein See, wie wir ihn aus Europa auch nur annähernd kennen - wir erlebten ihn vielmehr als Meer.

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Kommentare: 1
  • #1

    Harald (Dienstag, 29 August 2017 13:27)

    Das Angebot ist weit größer als in Korbach:)